„Wine is more“
- redaktion727
- 29. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Deutlich mehr als 100 Teilnehmer waren gekommen, um sich auf der 68. Fachtagung des
Bundes Deutscher Oenologen (BDO), die am 29. August 2025 an der Hochschule Geisenheim unter dem Motto „Wine is more“ stattfand, über aktuelle Entwicklungen der Branche zu informieren, neue Impulse mitzunehmen und gemeinsam zu diskutieren.

Schon am Morgen herrschte reger Austausch bei Kaffee und Snacks, bevor BDO-Vizepräsident Rolf Stocké die Gäste offiziell begrüßte. Er bedankte sich für die zahlreiche Teilnahme trotz der laufenden Lese und betonte die Bedeutung eines offenen Dialogs über Konsumtrends und neue Getränke. Präsident Erik Schweickert konnte zwar nicht persönlich teilnehmen, ließ jedoch Grüße aus den USA übermitteln.
Ein besonderer Moment war die Ansprache von Prof. Dr. Hans Rainer Schultz, Präsident der Hochschule Geisenheim. Er lud die Gäste ein, die neuen Gebäude und das Getränketechnikum zu besichtigen. Besonders das Thema Entalkoholisierung sei in der Branche derzeit von hoher Relevanz. Mit einem humorvollen „Kopf hoch – weil mit gesenktem Kopf kann man kein Riesling trinken“ schloss er seine Rede.
Zukunft der Weinstile
Das wissenschaftliche Programm eröffnete Prof. Dr. Ulrich Fischer (DLR Rheinpfalz, Weincampus Neustadt). Sein Vortrag zu „Weinstilistiken von morgen“ beleuchtete zentrale Herausforderungen: steigende Kosten, Ressourcenschonung, Pflanzenschutz, Anpassung an den Klimawandel und veränderte Konsumentenwünsche.
Besonders hervorgehoben wurde die Rolle neuer PIWI-Rebsorten wie Cabernet Blanc, die Chancen auf geringere Produktionskosten und eine verbesserte Nachhaltigkeit eröffnen. Gleichzeitig betonte Fischer die Notwendigkeit, Konsumentenforschung zu intensivieren: „Wir müssen wissen, wer was trinkt.“
In der begleitenden Verkostung wurden Beispiele für innovative Weinstilistiken vorgestellt – von einem Granit-Riesling (Alde Gott) mit spannendem Terroir-Storytelling über Grauburgunder und Chardonnay Reserve bis hin zu Spätburgunder von der Ahr. Fischer appellierte an die Betriebe, sich klar zu positionieren: Wein müsse „mehr sexy und weniger anspruchsvoll“ sein, um Marktanteile zu sichern.
Alkoholfreier Wein: Ein Markt in Bewegung
Ein Höhepunkt war der Vortrag von Achim Rosch (DLR Mosel) über die Produktion alkoholfreier Weine. Während der Pro-Kopf-Konsum von alkoholhaltigem Wein sinkt, wächst der Markt für alkoholfreie Varianten jährlich um rund 25 Prozent. Zwar beträgt der Anteil aktuell noch unter einem Prozent, doch das Potenzial sei enorm.
Rosch präsentierte neue technische Verfahren, darunter Kombinationen aus Entzugs- und Aromarückgewinnungsmethoden. In einer Verkostung konnten die Teilnehmer Unterschiede verschiedener Technologien sensorisch nachvollziehen – ein eindrucksvoller Beleg für die Fortschritte der letzten Jahre.
Besonders für kleinere Betriebe seien Kooperationen und Joint-Venture-Modelle interessant, um wirtschaftlich tragfähige Lösungen für die Entalkoholisierung zu schaffen. Rosch betonte: „Wir stehen erst am Anfang – aber die Entwicklung ist rasant.“
Getränke für die Generation Z
Karin Eymael (Meininger Verlag) widmete sich den Konsumgewohnheiten der Generation Z. Diese Generation, die bald rund 30 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen wird, setzt auf Selbstverwirklichung, Lifestyle und Casual Drinking. Auffällig: Rund die Hälfte reduziert aktiv ihren Alkoholkonsum.
Damit entstehen neue Märkte für leichte, fruchtige, niedrigalkoholische oder alkoholfreie Produkte, die sich unkompliziert konsumieren lassen – zum Beispiel bei Treffen im Freien. Die Speaker von Rotkäppchen-Mumm stellten ihre Marktforschungen und die daraus resultierenden Produkte bei Rotkäppchen vor. Zum Beispiel die Innovation der „Secconade“ (Secco meets Lemonade), mit der gezielt junge Konsumenten angesprochen werden. Ihr Fazit: „Das Produkt allein reicht nicht mehr – entscheidend ist, die Lebenswelt der Gen Z zu verstehen.“
Workshops und Jubiläum
Am Nachmittag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, in drei praxisnahen Workshops ihr Wissen zu vertiefen: Entalkoholisierung und Abfüllung von Wein im neuen Geisenheimer Technikum. Einsatz oenologischer Tannine als Ersatz von SO₂ (inkl. Verkostung)Alternative Verpackungen wie Bag-in-Box oder PET (ebenfalls mit Verkostung)
Alle drei Formate stießen auf große Resonanz, besonders das Thema Entalkoholisierung sorgte für intensive Diskussionen.
Der Tag fand seinen feierlichen Abschluss im Weingut Leitz. Bei Kellerführungen, einem festlichen Come Together und kulinarischen Highlights wurde nicht nur das Netzwerken gepflegt, sondern auch das 70-jährige Jubiläum des BDO gefeiert. Einige Gäste hatten eigens Raritäten aus ihren Kellern mitgebracht, sodass ein genussvoller Rückblick auf die Geschichte des Verbandes entstand.
Die 68. BDO-Fachtagung zeigte eindrucksvoll, dass die Branche vor großen Herausforderungen, aber auch vor spannenden Chancen steht. Ob innovative Rebsorten, alkoholfreie Weine oder neue Konsumwelten – die Themen der Tagung spiegeln die Dynamik einer sich wandelnden Genusskultur wider.
"Kopf hoch – weil mit gesenktem Kopf kann man keinem Riesling trinken"























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