Klimastress im Weinberg – wie sich der Weinbau wappnen kann
- kehrer6
- 26. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Zweites BDO-Webseminar liefert faktenreiche Einblicke, regionale Perspektiven und Lösungsansätze

Knapp 200 Teilnehmende verfolgten das zweite Webseminar des Bundes Deutscher Oenologen (BDO), das unter dem Titel „Die Klimafalle – Regionale Herausforderungen und mögliche Lösungen“ stand. Nach der Begrüßung durch Vizepräsident Rolf Stocké und Präsident Prof. Dr. Erik Schweickert übernahm Prof. Dr. Hans R. Schultz, Präsident der Hochschule Geisenheim, das Wort – mit einem wissenschaftlich fundierten, dabei aber klar verständlichen Vortrag, der viele Aha-Momente auslöste.
Der Klimawandel ist da – und spürbar
Der Klimawandel ist kein Zukunftsszenario mehr, sondern längst Realität – global, messbar und mit spürbaren Folgen für den Weinbau. Europa erwärmt sich schneller als andere bewohnte Kontinente, 2023/2024 waren Rekordjahre in Sachen Temperatur. CO₂-Konzentrationen steigen weiter – mit ganz konkreten Folgen im Weinberg, etwa bei der Traubenstruktur oder Krankheitsanfälligkeit.
Auch die Meere heizen sich auf: Die globale Ozeantemperatur ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das bringt enorme Wassermengen zusätzlich in die Atmosphäre – und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit für extreme Wetterereignisse wie Starkregen, deren Lokalisierung kaum vorhersagbar ist.
Regionale Wetterextreme nehmen zu
Deutschland zählte lange zu den Profiteuren der Erwärmung. Doch die Kehrseite zeigt sich immer öfter: Spätfröste, Trockenphasen, Starkregen – alles nimmt zu, oft regional sehr unterschiedlich. Besonders betroffen: kontinental geprägte Gebiete wie Franken, wo die Verdunstung stark ansteigt. Insgesamt sinkt trotz höherer Feuchtigkeit in der Atmosphäre die relative Luftfeuchte – was den Trockenstress zusätzlich verschärft.
Was tun? Strategien gegen Trockenheit & Co.
Neben der klassischen Bewässerung braucht es neue Wege: z. B. robuste Begrünungen, die im Sommer ruhen, aber im Winter aktiv CO₂ binden – wie Oakville Bluegrass. Auch moderne Züchtung und gentechnische Verfahren wie CRISPR könnten helfen, hitze- und trockenheitstolerante Rebsorten schneller auf den Markt zu bringen.
Böden: die unsichtbaren Klimafaktoren
Ein oft unterschätzter Punkt: der Boden. Er ist der größte CO₂-Speicher – wichtiger noch als Pflanzen oder die Atmosphäre. Doch falsche Bewirtschaftung, Erosion oder zu intensive Bearbeitung setzen CO₂ frei. Deshalb ist der Aufbau von Humus zentral – und rückt auch in Brüssel zunehmend in den Fokus („Carbon Farming“). Messungen in Geisenheim zeigen alarmierende Werte: In den Sommermonaten wurden Bodentemperaturen gemessen, die bis zu 7 °C über dem langjährigen Schnitt lagen.
Politik gefragt – Weinbau bleibt zukunftsfähig
Ein Blick über den Tellerrand: Frankreich hat jüngst 27.500 Hektar Weinberge mit staatlichen Prämien roden lassen – eine Maßnahme mit massiven CO₂-Folgen, wenn sie nicht nachhaltig umgesetzt wird. Prof. Schultz machte klar: Umweltleistungen dürfen nicht allein auf dem Rücken der Winzerinnen und Winzer lasten. Der Weinbau kann sich anpassen – aber nur mit politischer Unterstützung, kluger Bildung, Innovation und gesellschaftlichem Rückhalt.
Fazit: Die Zeit zum Handeln ist jetzt
Der Klimawandel trifft den Weinbau – aber er ist kein unlösbares Problem. Wer jetzt gezielt handelt, kann die Qualität sichern und die Branche zukunftsfest machen. Wein bleibt ein Kulturgut – es liegt an uns, es zu bewahren und weiterzuentwickeln.

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