Name, Vorname, Titel: Freiberger-Rabold, Charlotte
Abschlussjahr: 2016
Abschluss: Master of Science
Studiengang/Studienort: Weinbau, Oenologie und Weinwirtschaft, Geisenheim/Wien
In welchem/r Betrieb / Unternehmen / Einrichtung sind Sie aktuell tätig und welches Aufgabengebiet / Tätigkeitsfeld verantworten Sie dort?
Ich arbeite in unserem Familienbetrieb Weingut H. Freiberger oHG in Heppenheim an der Hessischen Bergstraße. Ich bin vor allem in der Produktion und hier hauptsächlich in der Weinbereitung im Keller tätig, wobei ich auch genauso draußen im Weinberg mitwirke und auch Aufgaben im Marketing und Büro übernehme.
2. Wo sehen Sie die deutsche Weinbranche in zehn Jahren? Was wird sich Ihrer Meinung nach in der Zukunft ändern?
Die Flächenstruktur wird sich sicherlich stark verändern. Steillagen und schwer zu bewirtschaftende Flächen, werden mehr und mehr brach fallen und der Weinbau wird weiter in die Ebene auf größere Flächen abwandern. Unsere so wunderschöne Kulturlandschaft wird dadurch stark beeinträchtig. Wahrscheinlich wird sich auch die gesamte Anbaufläche verringern, da immer mehr Auflagen und Vorschriften die Bewirtschaftung zum Beispiel in Schutzgebieten immer schwieriger und kostenintensiver bis hin zu unmöglich machen. Die PIWIs werden aus ähnlichen Gründen mehr und mehr an Bedeutung gewinnen.
Beim Weinkonsum sehen wir bereits einen Trend hin zu alkoholarmen und alkoholfreien Weinen und Sekten. Dieser Sektor wird in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen.
3. Was sind Ihrer Meinung die zukünftigen Herausforderungen?
Eine große Herausforderung ist sicher der Klimawandel mit mehr und verstärkten Wetterextremen. Damit meine ich nicht nur Flutkatastrophen, wie 2021 an der Ahr, sondern auch länger andauernde Trockenperioden, die in vielen Regionen sogar bei den tief wurzelnden Weinreben zu Trockenstress führen, genauso wie anhaltende Regenfälle, die uns Probleme beim Pflanzenschutz und generell bei der Befahrbarkeit und damit Mechanisierung der Weinberge bereiten. Hinzu kommen immer mehr Auflagen und Restriktionen durch die Politik, die es umzusetzen und einzuhalten gilt. Allein der bürokratische Aufwand, den wir dafür zusätzlich betreiben müssen, ist schon eine Herausforderung.
4. Was haben Sie studiert? Wann und wo haben Sie Ihr Studium abgeschlossen?
Ich habe in Geisenheim zunächst den Bachelor of Science in Weinbau und Oenologie absolviert und 2014 abgeschlossen. Im Anschluss habe ich den damals ganz neuen Masterstudiengang Weinbau, Oenologie und Weinwirtschaft (WÖW) begonnen und 2016 mit dem Master of Science abgeschlossen. Dieser Studiengang wird von der Hochschule Geisenheim University (HGU) in Kooperation mit der BOKU (Universität für Bodenkultur) in Wien angeboten. Somit habe ich auch ein Semester in Wien studiert.
5. Welches Thema haben Sie in Ihrer Abschlussarbeit behandelt? Wer war die/der Betreuende Ihrer Abschlussarbeit?
Das Thema meiner Bachelor-Thesis war „Hemmende Wechselwirkung zwischen ausgewählten Saccharomyceten und Nicht-Saccharomyceten“ und wurde von Dr. Christian von Wallbrunn betreut. In meiner Master-Thesis ging es um „Untersuchungen zur physiologischen Aktivität der Rebe Vitis vinifera cv. Riesling in den Bewirtschaftungssystemen biologisch-organisch, biologisch-dynamisch und integriert“. Sie wurde von Prof. Dr. Randolf Kauer betreut.
6. Haben Sie während oder vor Ihrem Studium eine Berufsausbildung absolviert? In welchen Betrieben/Unternehmen haben Sie Ihre Berufsausbildung gemacht?
Ich habe aber vor dem Studium über ein Jahr lang Praktikum im Schloss Johannisberg im Rheingau und in der Remstalkellerei in Württemberg gemacht. Während meines Studiums habe ich außerdem Praktika in Frankreich (Bergerac) und in Neuseeland (Marlborough) absolviert.
7. In welchen Betrieben/Unternehmen/Einrichtungen/Bereichen haben Sie bisher gearbeitet? Was haben Sie daraus für wertvolle Erfahrungen mitgenommen?
In „fremden“ Betrieben habe ich nur vor und während meines Studiums als Praktikantin gearbeitet. Ich war hauptsächlich im Keller und im Weinberg tätig, habe aber auch Einblicke in den Bereich Vermarktung bekommen. Ich habe während dieser Zeit viele praktische Handgriffe gelernt und ebenso mich selbst zu organisieren und selbstständig zu arbeiten.
8. Wie wichtig erachten Sie es, im Studium und/oder danach Erfahrungen im Ausland zu machen? Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen?
Ich halte es für eine große Bereicherung, auch einmal im Ausland Erfahrungen zu sammeln. Das Grundprinzip der Weinherstellung ist natürlich überall das gleiche, aber es gibt doch auch immer wieder Unterschiede in der Methodik, es werden andere Rebsorten angebaut, andere Verfahren genutzt oder auch der Wein auf traditionelle Art anders erzeugt. Oft haben auch unterschiedliche Länder mit unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen. Das prägt häufig auch den Geschmack der Weine und macht sie so unverwechselbar, weshalb man oft im Wein selbst die Herkunft erkennen kann. Ich persönlich finde so etwas unglaublich spannend. Und letztlich ist es auch ein schönes Netzwerk, das man sich in der Welt aufbaut, wenn man nicht nur in der eigenen Region bleibt. Ich habe zum Beispiel immer noch guten Kontakt zu der Familie in Frankreich und durch mein Praktikum in Neuseeland habe ich noch Kontakt zu Kollegen in Italien und auch anderen Regionen Deutschlands. Das Auslandssemester in Wien hat mein Netzwerk auch in diese Richtung erweitert. Auch wenn man nicht ständig den Kontakt hält, kann man doch jederzeit bei den betreffenden Personen anklopfen und an die „alte Zeit“ anknüpfen oder auch mal um Rat fragen.
9. Was sind die schönsten Erinnerungen an Ihre Studienzeit?
Mit am schönsten war die familiäre Atmosphäre, die sehr schnell aufgekommen ist, obwohl wir über 100 Studierende im Semester in „Weinbau und Oenologie“ waren. Die Professoren kannten uns trotzdem nach recht kurzer Zeit und waren für uns immer Ansprechpartner, wenn Fragen aufkamen. Highlights während des Studiums waren sicher die Exkursionen in die verschiedenen Anbaugebiete und Betriebe. Ebenso die vielen Treffen und Gespräche mit Freunden. Auch hier hat man sich ein großes Netzwerk aufbauen können.
10. Warum hat es sich für Sie gelohnt, ein Studium im Bereich Wein zu studieren?
Wir haben seit fast 100 Jahren ein Weingut im Familienbesitz. Ich bin nun die 4. Generation, die das Weingut fortführen wird. Außerdem habe ich viel Freude an der Arbeit im Keller und natürlich auch draußen im Weinberg. Ich schätze die Abwechslung, die dieser Beruf bietet und kann mich auch ein Stück selbst verwirklichen und entfalten. Das ist nicht in allen Berufen möglich.
11. Was würden Sie Studieninteressierten empfehlen, die sich überlegen, ein Studium/eine Berufsausbildung im Weinbereich zu machen?
Ich würde jedem empfehlen (abhängig davon, ob man aus der Weinbranche kommt oder Quereinsteiger ist) lieber ein etwas längeres Vorpraktikum oder sogar eine Ausbildung zu machen, da man hierbei viel praktische Erfahrung sammeln kann. Das Studium selbst ist zwar auch immer wieder mit der Praxis verbunden, aber das praktische Arbeiten lernt man am besten in einem Betrieb. Im Studium erlernt man dann die Theorie, die hinter der Praxis steht und – zumindest mir – ein besseres Verständnis dafür ermöglicht, was und warum ich etwas in der Praxis tue.
Bildquelle: Charlotte Freiberger
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